Warum Kollektivstrafen für Fans im Fußball nichts zu suchen haben

Thesenpapier des FC PlayFair! – Warum Kollektivstrafen für Fans im Fußball nichts zu suchen haben!

Eines der bestimmenden Themen im Fußball in den letzten Jahren war und ist die Kollektivstrafe. Die Kollektivstrafe selbst resultiert aus Urteilen des DFB-Sportgerichts. Unmittelbare Auswirkungen haben Entscheidungen der Sportgerichtsbarkeit des DFB zunächst zwar nur auf die Vereine, die Mitglied im DFB sind, letztendlich haben diese Entscheidungen allerdings auch Konsequenzen für Einzelpersonen. Die Sportgerichtsbarkeit des DFB ahndet hierbei Verstöße von Vereinen gegen Verhaltensregeln, indem sie die Vereine verpflichtet, Sanktionen gegen Gruppen zu verhängen, von denen nach Meinung des Gerichts Störungen ausgingen. Bei der Bestrafung einer Gesamtheit an Stadionbesuchern können auch Personen unter den Bestraften sein, die nicht unmittelbar an den vermeintlichen Verstößen beteiligt waren. Nicht unmittelbar beteiligt bedeutet in diesem Fall, dass es Personen treffen kann, die beim Verstoß nicht einmal an Ort und Stelle waren. Im Rahmen der ZDF-Dokumentation „Der Prozess: Wie Dietmar Hopp zur Hassfigur der Ultras wurde“ kam die Debatte in einer Zeit, in der im Stadion aufgrund der fehlenden Fans nicht viel passieren kann, wieder ein wenig auf. Warum dieses Thema so wichtig ist? Weil es jeden betrifft, wie das Beispiel aus Dortmund zeigt.

Ausgangspunkt

Beim Spiel zwischen dem BVB und Rasenballsport Leipzig am 04.02.2017 im Dortmunder Westfalenstadion äußerten die BVB-Fans ihren Protest gegen die Werbemannschaft, die ihrer Meinung nach unter Missachtung der Satzungen von DFB und DFL in den Profifußball protegiert wurde. Von den über 60 Spruchbändern waren vier „verbandsstrafrechtlich“ relevant. Dennoch verurteilte der DFB den BVB zu einem Teilausschluss.

Am 16. August 2017 sprach der damalige DFB-Präsident Grindel eine Empfehlung an den Kontrollausschuss aus, nachdem man „bis auf Weiteres darauf [zu] verzichten solle, Strafen zu beantragen, die unmittelbare Wirkung auf Fans haben, deren Beteiligung an Verstößen gegen die Stadionordnung nicht nachgewiesen ist“. Diese Empfehlung bedeutete vorerst das Ende von Blocksperren, Teilausschlüssen, etc., die zuvor an Vereine für die Taten Einzelner oder kleiner Gruppierungen verhängt wurden.

Aufgrund von Plakaten seitens der BVB-Anhänger im Spiel gegen die TSG Hoffenheim im Mai 2018 erstattete Dietmar Hopp mehrere Strafanzeigen wegen Beleidigungen gegen Privatpersonen des Dortmunder Fanlagers. Daraufhin setzte der DFB eine Blocksperre für drei Jahre auf Bewährung aus (November 2018). An dieser Stelle sollte nochmals betont werden, dass eine derartige Strafe jeden Fan betrifft, selbst diejenigen, die an jenem Tag nicht dabei waren und in den folgenden Jahren eine Fahrt nach Sinsheim geplant hätten. Es folgten weitere “Schmähplakate” und verbale Beleidigungen gegen Dietmar Hopp, der für Teile der Fans zentral für die Kommerzialisierung im Fußball steht.

Am 21. Februar 2020 widerrief der DFB die Bewährung und verhängte zusätzlich eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 Euro. Was folgte waren bundesweit sowohl beleidigende als auch sarkastische Plakate und Spruchbänder, oftmals mit dem Wortlaut “Wort gebrochen”. Besonders medial präsent war hierbei das Wort „Hurensohn“, das im Rahmen der Proteste der Münchener Fanszene fiel. Letztendlich nutzten die Münchner dieses Wort lediglich als Stilmittel, um sich auf den Protest der BVB-Fans zu beziehen und um somit ihre Solidarität zu bekunden.